Von der Nacht verzaubert ist der erste Teil einer Urban Fantasy-Trilogie mit Pariser Setting. Die Grundidee der Autorin ist gut, doch die Umsetzung lässt schriftstellerisches Handwerk vermissen und trieft vor Kitsch.
Kate Merciers Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Deshalb müssen sie und ihre Schwester Georgia von New York zu den Großeltern nach Paris umziehen. Während Georgia versucht, ihre Trauer zu vergessen, indem sie sich ins Pariser Partyleben stürzt, zieht sich Kate immer mehr in die Welt der Bücher und Museen zurück.
Doch eines Tages trifft Kate auf den gutaussehenden Vincent. Bei Spaziergängen kommen die beiden sich langsam näher und Kate verliebt sich in ihn….doch dann erfährt sie, dass Vincent kein Mensch ist, sondern ein Revenant – ein ruheloser Geist. Und er scheint noch viel mehr Geheimnisse zu haben. Hat Kates Liebe zu Vincent eine Zukunft oder bringt sie sich dadurch nur selbst in Gefahr?
Ja, die Idee ist gut. Endlich mal keine Vampire, keine Werwölfe, keine Elfen. Die Wesen, die Amy Plum hier erschaffen hat, sind anders. Sehr menschlich, aber mitunter auch sehr brutal.
Die Autorin hat sich ausführlich mit ihren Revenants beschäftigt, es gibt keine Logikfehler oder dergleichen und dem Leser werden alle wichtigen Fragen im Verlauf der Story beantwortet. Die Pariser Szenerie wirkt authentisch, die geschichtlichen Fakten unterstützen den Handlungsverlauf. Die optische Gestaltung, der gewählte Wortschatz und die Länge der Kapitel passen für das empfohlene Alter (ab 13), aber mitunter geht es schon etwas brutaler zu…
Leider gibt es in dieser Geschichte einige grundlegende Bausteine, die meine Beurteilung des Buches stark ins Negative beeinflusst haben:
Kate ist eine Protagonistin ohne Persönlichkeit. So oft wie in der Geschichte erwähnt wird, dass sie ein Buch zur Hand nimmt, müsste sie ein kluges aufgewecktes Mädchen sein. Stattdessen ist sie oft naiv, hat keine Meinung zu den Dingen und wirkt im Großen und Ganzen wie 14 und nicht wie fast 17. Es wird mehrfach betont, wie schnell sie nach dem Tod der Eltern erwachsen werden musste – auf mich wirkte sie aber eher unbeholfen und irgendwann hat es genervt, dass sie andauernd in Tränen ausbricht.
Die Dialoge wirken häufig unrealistisch und einzelne Szenen wiederholen sich ohne Mehrwert für den Handlungsverlauf. Die kitschigen Szenen zwischen Kate und Vincent tun dann ihr Übriges.
Es fehlt der Geschichte an interessanten Details und an Abwechslung – die Autorin hält sich an die immergleichen Gefühlsbeschreibungen. Das wird bei der Länge der Geschichte (knapp 400 Seiten) irgendwann langweilig. Besonders auch deshalb, weil der Handlungsverlauf wenig Spannung innehat. Es gibt zwar einen Showdown, doch lange Zeit dümpelt die Geschichte mit Kates und Vincents Verabredungen so vor sich hin.
Auch ist es für mich ein No-Go, was hier teilweise an Werten vermittelt wird. Wie kann es eine Großmutter ihrer Enkelin erlauben, die Schule zu schwänzen damit diese ihr Liebesleben in Ordnung bringen kann??
Eine gute Idee für einen Urban Fantasy Schauplatz, aber mit einer Protagonistin, mit der man sich nicht identifizieren kann, weil sie einfach keinen Charakter hat – da sind 400 Seiten einfach zu mühsam. Wer kitschige Liebesgeschichten mag, der wird sich über das fehlende Handwerk dieser Geschichte hinwegretten können. Die restlichen Leser verschwenden ihre Zeit. Definitiv kein All Ager.
AUTOR Amy Plum | GENRE Urban Fantasy, Jugendbuch ab 13
ERSCHEINUNGSJAHR 2012 | SPRACHE Deutsch (orig. Englisch)
ORIGINALTITEL Die for Me
VERLAG Loewe | SEITEN 400 | FORMAT Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
€ 18,95 [D] | € 19,50 [A]
978-3-7855-7042-5