Gabriel Pfeiffer ist Literaturagent und eigentlich recht erfolgreich. Doch dann hatte er vor ein paar Wochen diesen Herzstillstand und seit dem hat ihn die Midlife-Crisis so richtig schön gepackt.
In diesem Zustand chronischer Unlust macht es ihm natürlich keine Freude, dass auch noch die Frankfurter Buchmesse ansteht – als Agent aber natürlich eine Pflichtangelegenheit.
Und gleich am ersten Tag dann diese seltsame Begegnung: ein 17-jähriger Junge spricht ihn an und behauptet er habe eine wichtige Entdeckung gemacht („Es geht um Gott!“). Natürlich schenkt Pfeiffer den Behauptungen des Jungen keinen Glauben. Doch dann wird ein paar Tage später in einer bayrischen Dorfkirche die Leiche des Jungen entdeckt. Und nun ist Pfeiffers Interesse an der Story doch geweckt…
Rais Schreibstil ist ungemein klug und feinsinnig. Alle realitätsnahen Aspekte (Literaturbetrieb, Musik) erscheinen in meinen Augen sehr gut recherchiert. Dass der Autor sich sehr intentiv mit der Materie beschäftigt hat, lässt sich allein schon aufgrund seines Studiums (Anglistik, Musikwissenschaft) vermuten.
Die Geschichte hat bei mir ein wenig die Erinnerung an Harry Quebert geweckt (eine Person aus dem Literaturbetrieb stellt Nachforschungen bezüglich eines Mordfalls an), allerdings kommt diese Geschichte hier ohne die ganzen Twists and Turns aus und besticht vielmehr durch das fast schon selbstkasteiende Abmühen des Protagonisten.
Und ja, im letzten Drittel geht es dann um Gott. Aber die Thematik nimmt sehr schnell einen philosophischen Charakter an und fokussiert sich auf die Frage, was man eigentlich glauben muss und was nicht. (Rührselige Religiösitätsbejahung ist ja hier schon aufgrund des zynischen Protagonisten kaum möglich). Beim Lesen habe ich mir lange überlegt, wie Rai da wieder herauskommt. Aber ich muss sagen: Chapeau, clever gelöst!
Alles in allem eine sehr überzeugende Geschichte. Für Bücherliebhaber wohl sowieso, denn immerhin spielt das erste Drittel auf der Buchmesse. Rai findet ein gutes Gleichgewicht zwischen Spannung und Charakterstudie, sowie zwischen Humor und Nachdenklichkeit. Der Klappentext-Aufhänger „Es geht um Gott!“, mag vielleicht auf den ein oder anderen Agnostiker abschreckend wirken, der Satz „Wie viel kann man glauben?“ im Umschlagtext wird dem Buch meiner Meinung nach dann doch eher gerecht.
1 Kommentar
Das hört sich nach einem interessanten Roman an, den ich ohne Deine Rezension wohl übersehen hätte. Diese Aufhänger, die Verlage auf die Buchrücken drucken, finde ich wenig hilfreich. Manchmal stehen da auch Auszüge aus guten Kritiken, die sich gar nicht auf das Buch beziehen, das man in Händen hält. Da hoffen die Verlage wohl, dass man die jeweiligen Sätze nur überfliegt 😉
Hab einen beschwingten Start in die Woche,
Katarina 🙂