Der
junge Journalist Rufus aus Port Hartcourt, Nigeria, wittert die große
Story, als er erfährt, dass der ausländische Ölkonzern, der vor
Ort nach Öl bohrt und nach Reichtum giert, von einer Rebellentruppe
erpresst wird. Diese Rebellen, die nur ihre eigene Justiz kennen und
vor Gewalt nicht zurückscheuen, haben die Ehefrau eines Mitarbeiters
der Führungsetage gekidnappt und in das Dickicht der Mangrovenwälder
verschleppt.
eine Lösegeldforderung eintrifft, macht sich Rufus gemeinsam mit dem
verbrauchten und alkoholabhängigen Profi-Journalisten Zaq auf die
Suche nach der Geisel, nichts ahnend, dass sie schon bald zwischen
die Fronten der Rebellen und des Militärs geraten werden…
Helon
Habila, der nun mit Öl
auf Wasser seinen
ersten Roman auf Deutsch veröffentlicht hat, beschäftigt sich hier
mit Missständen, die in seinem eigenen Heimatland Nigeria
vorherrschen. Mit der Entführung einer Weißen als Ausgangspunkt
entwickelt sich eine Geschichte, die von deutlich mehr erzählt als
nur von Geiselnahme und Erpressung.
weiß es, das Niger-Delta gekonnt in Szene zu setzen. Besonders die
filmischen Sequenzen in den Mangrovenwäldern und die Geschichten von
brennenden Dörfern bleiben dem Leser deutlich im Gedächtnis. Aber
auch der Kontrast zwischen der modern erscheinenden Großstadt Port
Harcourt und der schon fast paradisisch anmutenden kleinen Insel
Irikefe Island deutet auf eine Zerissenheit hin, die das ganze Land
prägt und dem Leser ganz unterschiedliche Bilder liefert. Leider
kann Habila diesen teils poetischen Stil nicht konsequent durchhalten
und rutscht manchmal in recht nüchterne, vielleicht schon
journalistische Beschreibungen ab. Dies mag dramaturgisch
gerechtfertigt sein, nimmt dem Leser aber leider streckenweise
die Spannung.
Autor hat sich für seine Geschichte zwei sehr glaubhafte
unterschiedliche Hauptcharaktere ausgewählt, wobei Habila den Fokus
auf die psychologische Entwicklung legt. Und auch hier entsteht ein
Kontrast: Rufus, noch kaum Berufserfahrung hat,
aber mutig und motiviert ist,
bildet ein ungleiches
Gespann mit Zaq, dem ehemaligen Top-Reporter, der das Leid, dass er
während seiner journalistischen Karriere miterleben musste,
mittlerweile mit Whiskey therapiert. Leider
bewegt sich die Figur Zaq aber hier und da an der Grenze zum
Klischeehaften. Da hätten ein paar weitere Dialogsequenzen eventuell
gut getan, um die Glaubwürdigkeit der Figur zu erhöhen.
Leser erfährt das Geschehen aus Rufus Sicht (Ich-Form), wobei die
Ereignisse um die Entführung immer wieder durchbrochen werden mit
Rückblenden auf Rufus‘
Vergangenheit und familiäre Situation. Dieses Puzzle, dass sich wie
die Suche nach der verschwundenen
Frau immer weiter
ausbreitet, ist gekonnt konzipiert und gibt dem Leser Möglichkeit,
eine sehr persönliche Sichtweise in Bezug auf die Rolle der
Ölkonzerne in Niger-Delta zu erhalten.
Öl
auf Wasser ist ein
äußert interessanter
und zum Nachdenken anregender Roman, der
dem aufmerksamen Leser deutlich macht, wie der Kampf und die Schätze
des Bodens – das Öl auf der einen und die Natur auf der anderen
Seite – ein ganzes Land im
Griff zu haben scheint.
Habila vermittelt dies, ohne in klagende Töne zu verfallen.
Teilweise hätte dem Buch als Roman ein wenig mehr Spannung oder
Lebendigkeit vielleicht gut getan, andererseits braucht es wohl
gerade diesen teils nüchternen und realistischen Stil, um den Leser
zum Nachdenken zu bewegen, auch über die letzten Buchseiten hinaus.