ERSCHEINUNGSJAHR 2009 | SPRACHE Englisch
VERLAG Vintage Books | SEITEN 615 | PREIS £ 4,79 / € 9,20 (TB)
[bisher keine deutsche Ausgabe erschienen oder in Planung]
Kurzbeschreibung / U4-Text:
In their rambling house near Romney Marsh, the children play in a story-book world – but their lives, and those of their rich cousins and their friends, the son and daughter of a curator at the new Victoria and Albert Museum, are already inscribed with mystery. Each family carries its own secrets.
Inhalt:
In dieser Familienchronik / Familiensaga geht es um das Leben drei englischer Familien: die Wellwoods, die Cains und die Fludds. Der Leser begleitet die drei Familien über einen Zeitraum von 24 Jahren (1895 – 1919), wobei sich die Handlung hauptsächlich in den englischen Grafschaften East Sussex und Kent (Südküste) abspielt.
Im Zentrum der Geschehenisse steht wohl am ehesten die Familie Wellwood: eine gutbürgerliche Großfamilie, die nach den Maßstäben der Fabian Society lebt: sozialistisch, intellektuell und kunstliebend.
Und die Kinder lieben ihr Leben auf dem Land: abseits der Hektik von London, fast frei von gesellschaftlichen Zwängen und in tiefer Verbundenheit zueinander erleben sie eine fast märchenhafte Kindheit. Dies wird noch dadurch unterstützt, dass Olive Wellwood, die Mutter, eine berühmte Märchen- und Kinderbuchautorin ist und sich auch Geschichten für ihre Kinder ausdenkt, in denen diese die Hauptrolle spielen.
Doch aus Kindern werden Jugendliche und Erwachsene. Und diese Entwicklung bringt nicht nur Probleme mit sich, sondern führt auch zu der Entdeckung gut gehüteter Geheimnisse……Und schließlich steht der erste Weltkrieg vor der Tür: Wird er die Familien auseinander reißen?
Rezension:
Hilfe! Was für ein Buch! Dies ist definitiv das Buch, was mich in meinem Leben bisher am meisten herausgefordert hat. Begonnen hatte ich es schon am 18. Januar, aber ich habe es immer mal wieder weggelegt…..und nun endlich am 17. April beendet. Und das liegt nicht daran, dass es schlecht oder langweilig war, sondern weil es ein sehr komplexes, inhaltsstarkes und Aufmerksamkeit forderndes Buch war. Stellt euch mal vor, ihr würdet Herr der Ringe auf Englisch lesen – dann habt ihr ungefähr dieses Buch…..
A. S. Byatt hat mit diesem Buch eine unglaubliche Familienchronik geschaffen. Natürlich gibt es die üblichen Strukturen: Kinder werden geboren, Kinder werden zu Jugendlichen, alte Menschen sterben. Strukturen, die mit einer Vielzahl von fröhlichen und traurigen Ereignissen verknüpft werden. Aber dieses Buch ist nicht nur eine Familienchronik/Saga. A.S. Byatt hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Ereignisse um die Jahrhundertwende möglichst detailgetreu abzubilden. Deshalb könnte man dieses Buch auch als historischen Roman bezeichnen. Es ist beeindruckend, wie Byatt es geschafft hat, reale Personen und Ereignisse so mit Fiktion zu verknüpfen, dass sich die Grenze zwischen Realität und Fiktion auflöst. So tauchen unter anderem Oscar Wilde, Rupert Brooke und George Bernard Shaw in persona auf und mischen sich unter die fiktiven Charaktere. Generell ist die Liste der Charaktere in diesem Buch endlos und A.S. Byatt hat zugegeben, dass sie selbst eine Excel-Tabelle führen musste, um mit all den Daten nicht durcheinander zu geraten [Quelle]. Und die Darstellung ist tatsächlich sehr akkurat und man kann sich als Leser sehr gut „auf der Zeitleiste“ zurechtfinden.
Alle Hauptcharaktere sind klar dreidimensional und durch die wechselnde Erzählperspektive erfährt der Leser auch die Gedanken und Gefühle von den meisten Hauptcharakteren.
Allerdings muss ich eingestehen, dass Byatt es auch manchmal übertreibt, wenn es um die detailgetreue Darstellung von Personen und Ereignissen geht. Die beschreibenden Passagen haben klar überhand in diesem Buch und wer diese Art Schreibe nicht gewohnt ist, der wird wohl keine Freude an diesem Buch haben.
Die Spannung hält sich streckenweise auch sehr in Grenzen (wie das ja oft üblich bei Familienchroniken ist). Ab Seite 150 wurde es dann etwas interessanter und wirklich gefesselt hat es mich nur auf den letzten 100 Seiten.
Und trotzdem will ich es nicht missen, dieses Buch gelesen zu haben. Ich habe sehr großen Respekt für die Autorin, wie sie es geschafft hat, ein so komplexes Buch zu schreiben, das gleichermaßen so balanciert ist. Und das Gute ist: Hier bekommt man noch richtig was für sein Geld, denn dies ist definitiv ein Buch, welches man mehrfach lesen kann…
Fazit:
Eine beeindruckende Familiensaga über drei englische Familien zur Zeit der Jahrhundertwende. Tolle Charaktere und Dialoge, viele historische Informationen. Wer allerdings beschreibende Passagen in Romanen gerne nur überfliegt oder gar auslässt, der wird wohl keine Freude an diesem Buch haben.
7 Kommentare
Von A.S. Byatt hatte ich bisher noch nichts gehört. Das Buch scheint aber auch nichts für mich zu sein. Ich hätte wohl nicht das Durchhaltevermögen, wie du es bewiesen hast. Meinen Respekt!
Wünsche dir noch frohe Ostern!
Danke =)
Ich hatte auch erst überlegt, ob ich überhaupt eine Rezension schreiben soll zu diesem Buch, weil es ja doch sehr speziell ist…..Aber für mich war das jetzt ein guter Abschluss nach dieser langen Zeit, in der mich das Buch begleitet hat 😉
liebe Grüße,
Cara
Wow, aber wie man sieht lohnt es sich manchmal am Buch zu bleiben.
Ich habe von dieser Autorin auch noch nichts gehört…
LG
Karin
habe gerade ein Seminar an der Uni zu AS Byatt und muss sagen, ich bin begeistert. Ihr wohl bekanntestes Werk ist "Posessions". Auch streckenweise langatmig aber falls du Lyrik magst…
Ich habe "Besessen" (engl. "Posessions") von ihr gelesen, da der Roman vor einigen Jahren auch vefilmt wurde mit Gwyneth Paltrow.
Den Stil, den du beschreibst, passt auch zu diesem Buch. Ich fand es sehr langatmig und beschreibend. Für mich hätte man das Buch gut und gerne um die Hälfte kürzen können. Ich fand die Handlung ging einfach unter.
Gruß, Lena
Ich hatte dieses Buch in meinem lovelybooks Buchpaket Gewinn. Und ich freu mich eigentlich schon sehr auf das Buch, wenn auch ich jetzt weiß, dass es mich sicherlich auch herausfordern wird. Mittlerweile ist ja auch die deutsche Ausgabe erschienen. Ich denke, die Originalversion ist nochmal eine Spur fordernder, deshalb lese ich es gerne auf deutsch. ;-P
@Steffi: Da hast du Recht! Auf Englisch war es ein ganz schöner Brocken….aber das Cover gefällt mir doch sehr viel besser, als das der deutschen Ausgabe. Aber es freut mich sehr, dass es übersetzt wurde!